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Ausbeutung von Spieleredateuren

Geschrieben von Laura Engelken

Am Freitagabend ging eine kleine Welle durch die sozialen Netzwerke: Gronkh als Ausbeuter!
Auslöser war eine Stellenanzeige der PlayNation und der Blogbeitrag Von der Coolness, Ausbeuter zu sein!

Die Stellenanzeige ist mittlerweile von der Seite genommen worden und kann leider nicht mehr eingesehen werden. Gesucht wurden Gamesredakteure auf „ehrenamtlicher“ Basis. Als Gegenleistung wurden Spiele zum Testen und Zugang zu Messen geboten. Bei vielen anderen Anbietern (z.B. ingame.de und summoners-inn.de) sieht es ähnlich aus, PlayNation hat mit seiner Reichweite und durch die bekannten Gründern Gronkh und Sarazar die Kontroverse am Wochenende jedoch wieder publik gemacht.

Ist so ein Angebot verwerflich oder nicht? Man muss nämlich ehrlicherweise sagen, dass wir hier von lets-plays.de genauso arbeiten.

Was sind „ehrenamtliche“ Redakteure?

Darauf wird sich wohl keine befriedigende Antwort finden. Die Berufsbezeichnung Redakteur ist nämlich keine Geschützte. Im Grunde kann jeder sich Redakteur nennen, wenn er die Tätigkeit ausführt, ähnlich wie Hundetrainer oder Havariekommissar. Anders sieht es bei Berufen wie Arzt oder Apotheker aus. Hier begeht man eine Straftat, wenn man den Titel unberechtigterweise trägt.  (Allerdings sollte man auch den Hundetrainer nicht in den Lebenslauf schreiben, wenn man die Tätigkeit nicht wirklich ausgeübt hat, das könnte dann doch zu Problemen mit dem Wettbewerbsrecht führen).
Das zweite Problem ist das Ehrenamt. Auch hier ist der Begriff etwas schwammig. Wikipedia definiert es so:

Im Grunde kann man an „ehrenamtliche“ also nicht viel aussetzen. In der Regel wird der Begriff doch eher für Tätigkeiten genutzt, die entweder keine finanziellen Gegenwerte erwirtschaften oder für Dinge wie Reparaturarbeiten oder Unterstützung finanziell Schwächerer.

Warum die ganze Aufregung, das machen doch auch andere?

Der Unterschied liegt wie immer am Geld. Bei kleinen Seiten und Blogs, die sich gerade so selber über Wasser halten, kann es meist gar nicht viel anders laufen, als über freiwillige Mitarbeit. Bei Seiten mit sehr großer Reichweite und den damit verbundenen Einnahmen ist es natürlich etwas komisch, wenn Mitarbeiter nicht bezahlt werden. Wenn es schon ein festangestelltes Redaktionsteam mit Lohn gibt, sind unbezahlte Mitarbeiter schwer nachzuvollziehen. Hier wird im Normalfall auf freie Redakteure zurückgegriffen, die angemessen bezahlt werden. Somit sollte auch klar sein, warum die GameStar sich ihren, oft bemängelten, Plus-Bereich bezahlen lässt.

Im Falle von PlayNation sind schnell viele Verurteilungen in den Communitys gefallen, die nicht unbedingt alle berechtigt sind. Die Frage kam auf, wie ein Unternehmen, welches einen Jahresumsatz von über 1 Million Euro einfährt, seine Mitarbeiter nicht bezahlen kann. Hier muss man aber klar zwischen PlayNation und der PlayMassive GmbH unterscheiden. PlayNation ist zwar Teil der PlayMassive GmbH, der Jahresumsatz bezieht sich aber auf die GmbH und nicht auf das einzelne Magazin. Somit ist es natürlich schwer zu beurteilen, ob PlayNation genug erwirtschaftet, um Gehälter bezahlen zu können, ohne dass das Mutterunternehmen dafür aufkommt. Obgleich es augenscheinlich den Anschein erweckt, dass es noch enger mit der Muttergesellschaft verbunden ist, als beispielsweise Summoner’s Inn mit der Freaks 4U Gaming GmbH. Auch hinter unserer Seite steht zum Beispiel noch eine GmbH. Oft ist ein übergeordnetes Unternehmen nötig, wenn einen kleine Seite wächst, um zunächst einen finanzellen Zuschuss zu geben, bis sie sich wieder selbst trägt. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie genug abwirft, dass tatsächlich Leute von ihr leben können.

Inhaltlich arbeiten Gronkh und PlayNation seit 2013 nicht mehr zusammen. Für den Inhalt ist zurzeit Patrik Hasberg verantwortlich. Daher ist der Vorwurf an Gronkh und Sarazar evtl. etwas voreilig. Allerdings sollte man davon ausgehen können, dass die beiden als Geschäftsführer stets den Überblick über ihre Projekte haben. Selbst wenn man sich klar von dem Weg, den das Magazin beschreitet, distanziert hat.

Ob der Satz „[…] innerhalb der Probezeit […] keine Vergütung ausstellen.“ rechtlich gesehen überhaupt Bestand haben würde (wäre dies eine richtige Stellenanzeige), ist eher fraglich. Eine ProbeZEIT dient in der „richtigen“ Arbeitswelt zur Orientierung sowohl für Arbeitnehmer und -geber, kann beidseitig jederzeit gekündigt werden und dauert oft drei bis sechs Monate. Unbezahlt darf sie jedoch nicht sein. Geht man davon aus, dass man als freier Redakteur arbeitet, ist man Selbstständig. Da gibt es in der Regel keine Probezeit, da man auf Honorarbasis arbeitet und kein geregeltes Einkommen vom Arbeitgeber bezieht.

Im Gegensatz dazu steht das ProbeARBEITEN. Hier schnuppert man in den Betrieb rein. Dies sollte zwischen ein paar Stunden und maximal wenigen Tagen dauern. Das sind (in den meisten Fällen) unbezahlte Arbeitsstunden. Allerdings übernimmt man hier auch nicht die vollen Aufgaben, die man bei einer Anstellung übernehmen würde. Oft schaut man hier jemandem über die Schulter oder lernt die verschiedenen Arbeitsbereiche kennen. Leider gibt es in allen Bereichen schwarze Schafe, die diese Lücke ausnutzen und Leute gerne mal zwei Wochen unbezahlt als Arbeitskraft nutzen, nur um dann auf den nächsten Bewerber zu wechseln.

Du wirst nicht glauben was dann geschah!

In Zeiten des Clickbaits ist es schwerer geworden anständige Artikel zu finden, ohne dabei über drei Beiträge mit fragwürdigem oder nichtigem Inhalt zu stolpern. Selbst namenhafte Magazine wie die GameStar haben es in den vergangenen Sommermonaten auf die Spitze getrieben. Dies liegt einerseits natürlich am ständigen Konkurrenzkampf: mehr Clicks = mehr Geld, andererseits aber auch an schlechteren Artikeln, die über solche Tricks gepushed werden sollen.

Dabei ist ganz klar, die Qualität leidet mit unbezahlten Kräften. Das ist keine Kritik an der Schreibe oder dem Engagement von solchen Redakteuren. Es liegt einfach an der Zeit. Übt jemand den Job tatsächlich aus, hat er auch die Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen, Hintergründe zu recherchieren und das ganze klar wiederzugeben. Muss der Mitarbeiter aber nebenher noch für seinen Lebensunterhalt aufkommen, ist das zeitlich schon knackig (besonders, wenn man noch ein Sozialleben hat und Hobbys nachgehen möchte). Da kann man den Vormittag nicht mir Recherche verbringen und nachmittags dann einen dreiseitigen Artikel raushauen. Naja, man kann schon, am besten dreimal die Woche… mit entsprechender Qualität.


So einen Artikel zu verfassen dauert nämlich seine Zeit. Selbst wenn es nur ein Spieletest ist, steckt man zusätzlich zum Spielen doch etwas Zeit in Recherche zu Entwicklern, Hintergründen, Verkaufszahlen, etc. Das kostet schon mal einen halben Tag. Und dann hat man noch nichts geschrieben. Am Ende finden die wenigsten Infos die man gesammelt hat überhaupt Einzug in den Artikel.
Klar können wir von lets-plays.de da nicht immer tagesaktuell die Neuerscheinungen posten oder jedes Thema abhandeln. Auch haben wir lange nicht die Erfahrung und den sicheren Stil, wie ihn ein Redakteur, der das seit Jahren täglich macht, hätte. Aber wir hoffen ihr bleibt uns trotzdem treu, auch wenn die Qualität unserer Artikel mal schwankt. Und wenn jeder seinen Adblock ausschaltet, kommen wir eventuell mal an den Punkt, dass hier nicht mehr alle ganz ehrenamtlich arbeiten 😉

Kann man PlayNation also Ausbeuterei vorwerfen? Das kommt auf den Standpunkt an. Neben der Schule so schon mal einen Einblick in die Arbeitswelt zu bekommen ist bestimmt nicht verkehrt und die “Bezahlung” durch Spiele ist zu dem Zeitpunkt wohl auch noch reizvoll (achtung, auch wenn nicht in Cash gezahlt wird, könnte es für euch trotzdem als sog. geldwerter Vorteil angerechnet werden, und das ist zu versteuern!). Wer aber schon in Lohn und Brot steht, der erkennt natürlich, dass das auf Dauer keine adequate Entlohnung sein kann. Bei einem größeren Magazin (wie oben beschrieben lässt sich natürlich als Außenstehender nicht genau sagen, wie viel PlayNation zum Umsatz der GmbH beiträgt) sollte man aber erwarten können, dass das Unternehmen sich Qualitätsstandards setzt und versucht diese zu halten.

Ein weiter, ganz wichtiger Aspekt, ist die Verdrängung der bezahlten Redakteure. Frei nach dem Motto: Angebot und Nachfrage. Übernehmen viele unbezahlte Redakteure die Arbeit, für die ein Magazin eigentlich zahlen könnte, verschwinden über kurz oder lang natürlich auch die Angebote an Jobs in der Branche. Warum sollte man jemanden Bezahlen, wenn man die Leistung auch von jemandem für Lau bekommen kann? Man macht sich quasi die Chance auf Bezahlung selbst kaputt, in dem man sich weit unter Wert verkauft (ein Spiel für 70€ ist umgerechnet kein adequater Stundenlohn!). Deshalb ist auch die Verärgerung von selbstständigen Schreibern, die von ihrer Tätigkeit leben, nachzuvollziehen. Die Lager von Pro und Kontra sind in den Kommentaren der sozialen Netzwerke klar definiert. In der Regel kann man an der Position und der Rechtschreibung ausmachen, wer professionell als Redakteur arbeitet.

Warum machen Wir es dann?

Ich kann hier nur aus meiner persönlichen Situation berichten. Ich hatte früher einen Blog auf dem ich regelmäßig Beiträge verfasst habe. Aber in den letzten Jahren hatte ich das Gefühl, meinen persönlichen Schreibstil verloren zu haben. Also wollte ich die Chance ergreifen wieder mit dem Schreiben anzufangen, besonders wenn es die Möglichkeit gibt dabei Feedback aus Redaktionssicht zu bekommen. Dass es mit der Leidenschaft für Spiele koppelbar ist, ist natürlich wunderbar. Besonders, wenn noch Gratisspiele und ein Presseausweis für die Gamescom drin sind (paradox! Also genau das, was eben PlayNation bietet).  Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass ich da für mich den eigentlichen Nutzen rausziehe: Softskills! Ich tue es auch für meinen Lebenslauf. Eventuell möchte ich mich in Zukunft mal neu orientieren, da kann es nicht schaden mal über den Tellerrand des Berufes geschaut zu haben.
Ich würde mich aber durchaus ausgenutzt fühlen, wenn ich wüsste, dass festangestellte Redakteure ein Gehalt für die gleiche Tätigkeit bekommen, die ich kostenlos machen “darf”. Daher bin ich Befürworter für offene Strukturen und Ehrlichkeit innerhalb der Redaktion. Ich denke nicht, dass die Stellenausschreibung in böser oder ausbeuterischer Absicht verfasst wurde. Auch hier ist das Team noch recht jung und man wird sich nach dem Aufschrei in den Sozialen Netzwerken wahrscheinlich differenzierter mit den Jobangeboten auseinander setzen.

Ironischer Weise: Wir suchen auch noch Redakteure 😉

Deshalb mein Tipp: Wenn die Bewerbung als freier Redakteur aus Mangel an Erfahrung nicht fruchtet und ihr deshalb als „ehrenamtlicher“ Redakteur Erfahrungen sammeln wollt, sucht euch eine kleine Seite mit offenen Strukturen, die ihren Profit nicht aus eurer kostenlosen Arbeit zieht.
Schreibt uns gerne in die Kommentare, was ihr für Erfahrungen als Redakteur (egal ob frei-, hauptberuflich oder ehrenamtlich) gemacht habt. Oder falls ihr auch schon in die Falle Probearbeit getappt seid.