Equipment

Nintendo Switch – Ein Post-Launch Resumé

Geschrieben von Oliver Baumann

Am 03.03.2017 war es so weit. Nintendo hat seine Wii U nun offiziell durch die Switch abgelöst und Gamer weltweit haben nun ein neues Spielzeug in den Händen. Oder am Fernseher angeschlossen. Oder der auf einem Tisch vor ihnen. Warum also nicht ein paar Worte darüber verlieren?

An einem wunderschönen Freitag Morgen (zumindest bei uns in der Region war das Wetter schön) stand ein armer, kleiner Redakteur gegen 8 Uhr auf. Er hatte sich für den Tag Urlaub genommen und musste noch 40km mit dem Auto zurück legen in der Hoffnung pünktlich um 9 Uhr in die nächstbeste Filiale für den Einzelhandel von Haushalts- und Unterhaltungselektronik zu kommen. Mit einer Rekordzeit von 37 Minuten hat er das geschafft und wurde dabei nicht einmal geblitzt!

Man sah den Paketboten, der zwei große Kisten abliefert. Und in einer von beiden waren sogar Switches drin. 45 Minuten später durfte ich dann tatsächlich Konsole und Zubehör kaufen. Dürfen darf man hier wörtlich nehmen, da ich nicht mehr reservieren konnte und Geräte für jene Kunden zuerst zurückgelegt wurden. Was jetzt noch fehlt wäre ein Spiel. Denn sowas durfte ich nicht kaufen.

Also noch rechtzeitig zum nächsten Geschäft gestürmt, welches um 10 Uhr öffnet, und sogar mit einer kleinen Masse an Menschen (irgendwas zwischen 30 und 50 Leuten) die Videospielabteilung gestürmt. Ein mal den langen Arm gemacht um sich Super Bomberman R und The Legend of Zelda: Breath of the Wild über den Köpfen eines wilden Rudels an Kindern hinweg zu krallen und nach etwas mehr als zwei Stunden war das ganze Abenteuer abgeschlossen. Der Joghurt in der Hose war real (Joh!) und Don’t Stop Me Now grölend, als wollte ich eine schlechte Queen-Coverband gründen, fuhr ich dann zufrieden und selbstgerecht nach Hause. Es wurden 500€ verteilt auf 2 Tresen geblättert und eine furchtbar lange Einleitung getippt. Aber war es das auch wert? Nach einigen Tagen des Ausprobierens um vom Selbsthype runter zu kommen kann man nun endlich mit kühlem Kopf an die Sache gehen.

Ein ziemlich teurer Freitag.

Ein ziemlich teurer Freitag. (Meine Bude sieht nicht immer so messimäßig aus.)

Ein Podcast in dem Ich versuche über die Switch zu reden: Die Castinator Show #2

Lieferumfang

Nach so viel Blabla legen wir mal los. Die doch recht kompakte Konsole kommt im schicken (teilweise) roten Karton mit schicken Fotos des Gerätes und Joycons darauf. Schick, Schick! Das Foto ist auch relativ wichtig, da es die graue und die Neon-Version gibt und man an der Verpackung erkennt, welche von beiden es ist. Der Unterschied ist die Farbe der Joycons. Das mag jetzt trivial sein, jedoch solltet ihr das beim Kauf berücksichtigen, wenn ihr eine bestimmte wollt. Ich war selbst Zeuge wie Kunden aus versehen die ungewollte genommen haben und Verkäufer und -innen nicht bemerkt haben, dass die Fotos verschieden sind oder man mit denen auf den Inhalt schließen kann. Zudem scheinen die Konsolen in Läden nicht gleichmäßig verteilt zu sein.

Was bei dem Nintendo 3DS und dessen Permutationen frecherweise fehlt, ist bei der Switch dabei: das Ladekabel. Es handelt sich um ein Netzteil mit USB Typ-C Anschluss. Für Unterwegs ist das Netzteil weniger geeignet, da es relativ groß und sperrig ist. Man könnte beliebige Netzteile des gleichen Types verwenden, sollte aber auf die richtige Spannung und Stromstärke achten. Zu niedrig und das Laden dauert deutlich länger, zu hoch und ihr beschädigt/zerstört die Switch, was bei 320€ doch etwas schade wäre.

Die beiliegende Dockingstation ist ein kleiner, grauer Plastikkasten mit einer Führung für die Switch zum Einlassen. Im Grunde macht die Dockingstation nichts anderes als einen HDMI-Anschluss (die Switch kommt mit einem Kabel), einen USB-Anschluss und einen Stromanschluss anzubieten. Sie hat noch eine Kabelführung und dient ansonsten nur als Sockel/Ladestation. Die komplette Technik steckt in dem Handheld.

Den krönenden Abschluss machen die Joycons inklusive -Grip und -Straps, welche als Abschlussblenden für die Joycons mit Schultertasten und Schlaufen dienen. Somit kann sowohl der linke als auch der rechte Joycon entweder gemeinsam als Pad verwendet werden oder jedes separat als eigenes. Die Joycons können für den Handheldmodus zudem seitlich in Führungsschienen der Switch geschoben werden. Sollte man die Switch in der Dockingstation verwenden oder während man ein Stromkabel angeschlossen hat, werden die Joycons aufgeladen. Man kann die Joycons nur über die Verbindung mit der Konsole aufladen. Es sei denn man kauft sich eine separate Ladestation.

Die Konsole

Die Switch ist ein recht kompakter, eckiger Kasten in Schwarz. Das Display ist ein LCD Touchscreen. Oben befinden sich (von links nach rechts) Einschalter, Taster für die Lautstärke, Lüfteröffnung, der 3,5mm Klinkenanschluss für Kopfhörer und der mit einer Klappe versehene Slot um die Spiele einzulegen. Die Switch verfügt zwar über Bluetooth, allerdings ist nur Nintendo eigenes Zubehör, also die Joycons und der Pro-Controller, damit verwendbar. Kabellose Headsets sind daher leider nicht verwendbar, so dass einem nur die Lautsprecher, der Fernseher oder die eingebauten Lautsprecher zur Verfügung stehen. Die Spiele sind in etwa so groß wie SD-Karten oder Nintendo 3DS Spiele.

Links und Rechts sind Führungen, in die die Joycons eingeschoben werden. Es ist dabei übrigens nicht möglich jene in die falschen Schienen bzw. falsch herum einzusetzen. Mittig an der Unterseite befindet sich der USB-C Anschluss und die Rückseite hat einen kleinen Aufsteller, der recht stabil ist. Man muss schon etwas kraft aufwenden, wenn man die Switch umwerfen möchte. Unterhalb des Aufstellers befindet sich ein Slot für MicroSD Karten. Mit jenen kann man den Speicher der Switch erweitern. Die Switch ist dahin gehen sogar zukunftssicher und erlaubt für Karten bis zu einer Größe von 2 TB. Die größte bekannte wurde Ende letzten Jahres vorgestellt und wird „lediglich“ 1TB groß sein (und schätzungsweise 700$ kosten). Der Kauf einer solchen ist auch durchaus zu empfehlen.

Das Home-Menü der Switch. Links und Rechts sind Joycons mit der Konsole verbunden.

Das Home-Menü der Switch. Links und Rechts sind Joycons mit der Konsole verbunden.

Die Switch verfügt über 32GB Speicher, wovon 2GB für das Betriebssystem in Anspruch genommen werden. Rechnen wir noch ein paar Updates hinzu und sollte man sich Breath of the Wild aus dem eShop herunterladen, so hat man schon in etwa den halben Gerätespeicher aufgebraucht. Ein Manko ist, dass SD-Karten an eine Switch gebunden ist. Man kann sie also nicht für mehr als eine Switch verwenden. Andere Geräte wie PC oder Handy sind kein Problem. Dies könnte man darin begründen, dass der Datentransfer aus Kopierschutzgründen zwischen den Konsolen, beispielsweise das Übertragen eines Spiel von einem Gerät auf ein anderes transferieren, unterbunden werden soll. Wobei dies nur eine Mutmaßung ist.

Ansonsten sei gesagt, dass das WLAN gelegentlich Probleme hat. Dies könnte aber auch am privaten Umfeld liegen und ein eher individuelles Problem sein. Wer die Switch stationär benutzen will, für den könnte ein LAN-Adapter eventuell von Interesse sein, müsste allerdings den USB-Slot der Dockingstation damit dauerhaft belegen.

Teures Zubehör

Wer sich noch an die Wii U erinnert, der kann sich vielleicht auch daran erinnern, dass man nicht gerade wenig Geld in Zubehör stecken konnte. Ein Beispiel wären bis zu 4 Wii-Motes, wenn man noch keine Wii hatte oder auch der Wii U Classic-Controller. Bei der Switch ist die Menge an Zubehör etwas übersichtlicher, allerdings immer noch recht viel und nicht gerade günstig. Da wären zum einen Schutzfolien für den Touchscreen, welche zusammen mit einer Schutztasche für etwa 20€ erhältlich sind. Dabei können Kratzer sogar durch die Dockingstation entstehen. Ein zusätzliches  Paar Joycons schlägt mit knapp 80€ zu Buche.

Links der Pro-Controller und Recht die Joycons mit Grip.

Links der Pro-Controller und Recht die Joycons mit Grip.

Bei dem Pro-Controller sind es immerhin noch ca. 70€. Eine Micro-SD Karte wäre auch noch zu empfehlen, bei der man je nachdem mit 10€ bis 50€ grob angepeilt rechnen kann. Dann wäre für Unterwegs durchaus noch ein kompakteres Netzteil sinnig und eventuell möchte man sich auch noch eine Powerbank holen, damit man zum Beispiel im Zug oder im Flugzeug länger als 3h Zelda spielen kann. Und es gibt separate Ladestationen für die Joycons.

Es gibt vieles an Zubehör, welches auch recht sinnig ist. Müsste ich mich entscheiden, was die wohl wichtigsten Sachen sind, die man sich am besten sofort zulegen sollte oder zumindest so zeitnah wie möglich, dann wären das wohl Schutzfolien und eventuell eine SD-Karte, gefolgt von einer Schutztasche für Unterwegs, wenn man die Switch nicht daheim lassen möchte. Die anderen Sachen sind sinnig oder zumindest komfortabel, allerdings nicht dermaßen wichtig.

Das beste Beispiel ist eventuell der Pro-Controller, den ich nicht mehr missen möchte. Jedoch ist der Joycon Grip gar nicht mal so verkehrt und man hat dank ihm einen gar nicht mal so schlechten Controller, wenn man sich ein mal daran gewöhnt hat. Wovon ich jedoch dringend abraten muss sind Aufkleber für die Switch. Es gibt bereits solche auf dem Markt, diese jedoch greifen die Oberfläche der Konsole an und ruinieren sie. Von daher würde ich den „Casemoddern“ hier zumindest empfehlen so lange damit zu warten, bis auf dem Markt welche verfügbar sind, die an der Switch keinen Schaden anrichten.

Die Software

Zum Betriebssystem der Switch kann ich gar nicht so viel relevantes sagen. Es ist recht zügig. Die Oberfläche ist sauber und strukturiert. Für die Profilverwaltung braucht man jedoch Zugang zu einem PC oder Smartphone, von dem aus man einen Nintendo-Account anlegen kann. Dieser wird dann mit der Switch verknüpft, indem man sich darauf einloggt. Da man mehrere Profile mit unterschiedlichen Accounrs auf einem Gerät anlegen kann und die Switch keinen Region-Lock hat, kann man dies nutzen um im japanischen eShop Spiele zu kaufen, die im europäischen eShop (noch) nicht verfügbar sind. Man sollte vorher allerdings recherchieren ob der gewünschte Titel auch Englisch oder eine andere Sprache unterstützt, die man beherrscht. Oder man lernt japanisch.

Der eShop verfügt im Augenblick, in dem dieser Text hier entsteht über 18 Titel, wovon einige auch im Einzelhandel verfügbar sind oder auf anderen Plattformen günstiger erworben werden können, da es sich bei diesen um Portierungen handelt. Wer übrigens nicht ständig das Passwort für den eShop eingeben möchte, kann nach einem Login dies in seinem Profil einstellen. Dadurch stellt man sich allerdings dem Risiko aus, dass jeder ohne weiteres euer Profil nutzen kann um Sachen zu kaufen.

Ein persönliches Highlight der Switch ist die Screenshot-Taste mit der man zu jeder Zeit einen Screenshot aufnehmen kann. Ausgenommen ist hierbei aus Datenschutz bedingten Gründen beispielsweise der eShop. Im Album können sich dann die Bilder angeschaut werden, mit einem Text versehen, kopiert oder auf wahlweise Facebook oder Twitter gepostet werden. Zudem kann man einzelne Bilder auf die SD-Karte kopieren. Wer alle Bilder auf einmal kopieren möchte, kann dies über die Systemeinstellungen durchführen. Ich hätte diese Funktion gerne bemerkt, bevor ich über das Album 70 Bilder einzeln kopiert habe…

Mit Hilfe der Screenshot-Taste können jederzeit Bilder geschossen werden. Hier handelt es sich um einen aus Super Bomberman R.

Mit Hilfe der Screenshot-Taste können jederzeit Bilder geschossen werden. Hier handelt es sich um einen aus Super Bomberman R.

Bis zum Herbst 2017 bekommen wir zudem den Online-Service gratis. Danach wird es Nintendo Sony und Microsoft gleich tun und für (u.a.) Online-Multiplayer eine Monatsgebühr verlangen. Das einzige interessante daran wird nach bisherigem Stand sein, dass man pro Monat entweder ein NES- oder ein SNES-Spiel (mit überarbeitetem Multiplayer) erhält. Aus der Beschreibung liest sich nicht wirklich heraus ob das Spiel behalten werden darf oder nur diesen einen Monat zugänglich sein wird. Wenn man schon ausschließlich alte Spiele anbieten will, dann sollte man zumindest ein bisschen großzügiger sein. Vielleicht mal ein N64-Spiel oder mindestens ein NES- und ein SNES-Spiel. Da fehlt irgendwo der Anreiz.

Zudem wird noch mit exklusiven Rabatten für Abonnenten geworben. Wobei das bisher noch nicht sehr aussagekräftig ist. Hier kommt es auf das Ersparnis und die betroffenen Spiele an. Dies sind schon einmal 2 unbekannte Variablen. Insgesamt liest sich das ganze nicht so toll wie bei der Konkurrenz und mit Freundescodes und den teilweisen bisher nicht so tollen Erfahrungen mit Onlinemodi was Nintendo Spiele angeht, sollte man definitiv abwarten was da auf einem zukommen wird. So richtig schmackhaft ist das alles bisher nicht wirklich.

Für die Let’s Player unter euch: Von der Nintendo Switch könnt ihr ohne weiteres mit Hilfe einer Capture Card im Konsolenmodus aufnehmen. Wenn ihr das Ding wie einen Handheld verwenden wollt, dann wird die Sache komplizierter. Nach momentanem Wissensstand dürfte das nicht oder zumindest nicht mit vertretbarem Aufwand klappen. Das HDMI-Signal ist zumindest einmal nicht verschlüsselt, wie es etwa bei der PS3 der Fall ist.

Einen Überblick über Capture Cards findet ihr iher: Capture Möglichkeiten für Konsolen im Überblick

Ansonsten fällt mir nichts besonderes ein, was einer speziellen Erwähnung bedarf. Vielleicht noch, dass man den Wechsel zwischen Handheld-Modus und Konsolenmodus ohne weiteres und jederzeit durchführen kann. Das Gerät muss nicht erst ausgeschaltet werden oder ein bestimmtes Menü aktiviert werden.

Für Fans von Wikingern und/oder Videoreviews:  Das Videoreview zu Northgard

Fazit

Das Angebot an Spielen ist nicht gerade groß und wenn man kein Zelda spielen will, dann hat man mal abgesehen von dem einen oder anderen Port aus dem eShop relativ wenig zu tun. Wer eine Wii U und/oder einen 3DS besitzt, möchte sich vielleicht zwei mal überlegen ob man (schon) einen Switch durchführen will. Weil „Switch“ ja englisch für austauschen/wechseln ist. Voll lustig und so, ha ha, …. ‘Tschuldigung.

Hinzu kommt, dass es durchaus einiges an Zubehör gibt, welches sich Nintendo durchaus gut bezahlen lässt. Die Situation dürfte zumindest für einige Produktkategorien jedoch besser werden, wenn zunehmend Artikel von Drittherstellern erscheinen.

Das Gerät selbst wirkt nicht minderwertig und ist sowohl als Konsole als auch als Handheld angenehm. Was die Leistung angeht, so kann man irgendetwas erwarten, das besser als die Wii U ist, von der Rechenpower aber an PS4 und Xbox One nicht herankommen kann. Wobei man aber auch sagen muss, dass das einen nicht überraschen sollte. Und (Vorsicht! Meinung!) das mag jetzt nicht unbedingt die sinnigste Einstellung sein ein Gerät auf die Rechenleistung zu reduzieren. Man sollte sich eher überlegen ob das Gerät mit dem Gebotenem einem selbst Spaß machen könnte. Wobei Ansprüche an Rechenkapazitäten natürlich auch legetim sind.

Die Switch ist jetzt zum Launch wie jede andere Konsole auch ein teurer Spaß. Teuer, macht aber auch Spaß. Meine größte Sorge hier ist das relativ schwache Launch-Lineup, welches praktisch fast nur aus Zelda besteht. Bedenkt man nun allerdings, dass in dem Zeitraum, in dem dieser Erfahrungsbericht entsteht, Gamestop vom besten Konsolenlaunch seit langem und Nintendo vom bisher besten Konsolenlaunch in Deutschland redet, mag ich hier falsch liegen. Um ehrlich zu sein hoffe ich das auch. Es reicht, dass die Wii U eine Dreamcast abgelegt hat. Zwei Nintendokonsolen hintereinander müssen nicht sein.

[amazon box=”B01N5OPMJW”]