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Taktisches Memory mit Real-Life Anbindung – Die Fightlings sind da

Geschrieben von Oliver Baumann

Vielleicht erinnert sich noch der und die eine oder andere Leser und Leserin an die Vorstellung eines Kartenspieles aus deutschem Lande? Die Fightlings sind nun endlich für Mobilgeräte seit diesem Monat erschienen und wir haben uns dies zum Anlass genommen uns das finale Produkt nun auch mal anzuschauen.

Was sind Fightlings?

Fightlings ist ein Mobilegame des deutschen Herstellers Thoughtfish GmbH, welche für ihr Kartenspiel für Unterwegs nicht nur einen Entwicklerpreis 2016 und einen Innovationspreis 2017 erhielten, sondern sogar eine EU-Förderung erhalten haben. Damit zieht man doch glatt Parallelen zu Witcher 3 und der Erweiterung Blood & Wine. Das klingt durchaus beeindruckend, ist allerdings nicht sehr aussagekräftig.

Lange ist es her, dass wir das Spiel in gedruckter Fassung vorstellen durften: Vorstellung der Fightlings

Bei Fightlings handelt es sich um eine Art Memory, welches um taktische Elemente erweitert wurde. Dafür wurden die namensgebenden Fightlings in 3 Kategorien eingeteilt. Dies währen die Champions, die eine Anführerrolle einnehmen (so ein bisschen wie die Helden in Hearthstone), die Fightlings, welche als Memorykarten fungieren und je nachdem ob man selbst oder der Gegner sie aufdeckt besondere Effekte auslöst, und Helfer, die man als Karten direkt von der Hand ausspielt.

Von links nach recht: Helfer (12 pro Deck), Fightling (4 pro Deck), Champions (1 pro Deck).

Von links nach recht: Helfer (12 pro Deck), Fightling (4 pro Deck), Champions (1 pro Deck).

Die Fightlinge sind in Klans organisiert, jene wiederum sind in Seelen unterteilt. Es gibt sechs verschiedene Seelenarten, die farblich codiert sind und pro Seelenart sind momentan zwei Klans verfügbar. Jeder Klan hat eine eigene Spielweise. Damit hat man 12 verschiedene Decks im Spiel. Eigene Decks kann man sich nicht erstellen.

Dies ist eigentlich Schade. Man kann einen Klan erst spielen, wenn man jeden Fightling eines Klans freigeschaltet hat. Gemischte Decks würden zum einen die Variation an gespielten Decks erhöhen und zum anderen erlauben, dass man mit Fightlings spielen kann auch wenn der Klan nicht komplett ist. Anhand der Grafiken erkennt man also sofort worauf man sich bei seinem Gegner einstellen muss, da die Variation nicht gegeben ist. So in etwa wie das Metagame in Hearthstone, bei dem alle Pirate Warrior spielen. Nur dass es in diesem Fall nicht an schlechtem Kartendesign liegt sondern an den gleichen Einschränkungen durch das Spiel wie beispielsweise in den Planeswalker-Spiele von Magic the Gathering liegt.

Da jede Farbe/Seele zwei Klans hat, könnte man auch sagen, dass man innerhalb der selben Seelenart mischen kann oder wie in einem Arena- (Hearthstone) / Pandora- (Faeria) / Take-Two- (Shadowverse) Modus machen könnte und aus einer zufälligen Auswahl entsprechende Fightlinge wählt. Es geht auch gar nicht darum das Spiel schlecht zu reden. Vielmehr besteht hier die Gefahr, dass das Spiel in seinem momentanen Zustand zu schnell langweilig werden könnte. Da die Erfahrungen fast immer gleich sind auf Grund der relativ geringen Anzahl an Klans. Allerdings ist das Spiel noch keinen Monat alt. Pläne für die Zukunft liegen bestimmt vor.

Das Kartenspiel

Wie schon häufig erwähnt handelt es sich um ein Kartenspiel. Man sucht sich einen Klan aus und schmeißt sich ins Getümmel. Dabei wird immer auf einer „Ladder“ mit einem persönlichen Ranking gespielt. Dies soll dafür sorgen, dass man auf möglichst gleich gute Spieler trifft. Zudem hat das Spiel auch Bots, die im Notfall einspringen. Man kann von daher immer spielen, so lange man mit dem Internet verbunden ist. Die Fightlinge werden gemischt und verdeckt auf dem Feld verteilt. Das Feld besteht aus acht Kartenpaaren. Davon sind vier Paare gegnerische Fightlinge und die anderen vier sind die eigenen.

Ein Zug besteht beginnt damit einen Helfer zu ziehen. Anschließend kann man in beliebiger Reihenfolge Karten aufdecken und einen Helfer ausspielen. Dabei ist das Ausspielen von Helfern optional. Hat man ein Kartenpaar aufgedeckt, so darf man weiter aufdecken bis man maximal 3 Paare aufgedeckt hat. Anschließend ist der Gegner am Zug.

Während des Matches darf jeder Champion ein mal seine Fähigkeit einsetzten. Das Spiel ist entweder zu Ende, wenn ein Spieler keine Lebenspunkte hat oder wenn einer von beiden Spielern keinen Helfer mehr zu Beginn seines Zuges ziehen kann. In diesem Fall hat der Spieler mit den meisten Lebenspunkten gewonnen. Als Belohnung für einen Sieg warten neben Erfahrungspunkten für das Spielerprofil noch Murmeln.

Für alle, denen der Smartphone-Bildschirm zu klein ist: Testbericht: Der AOC AG271QX Monitor

Pokemon Go als Ressourcenmanagement

Machen wir mal zuerst mit den Erfahrungspunkten weiter. Der eigene Account kann gelevelt werden mit Erfahrungspunkten. Erfahrungspunkte erhält man durch das Spielen von Matches, das Sammeln von Ressourcen und dem Aufwerten seiner Kreaturen. Diese Level sorgen dafür, dass man mehr Seelen pro Seelenart sammeln kann. Und die Seelen werden für das Beschwören von Kreaturen und zur Aufwertung jener verwendet. Beschwören bedeutet in diesem Fall, dass man sie seiner Sammlung hinzufügt. Sobald man also im Besitzt einer Kreatur ist behält man sich auch.

Das Sammeln von Ressourcen ist für den Augmented Reality Bereich des Spieles zuständig und verlangt dringend GPS (ohne geht nicht). Auf dem Bildschirm erscheint eine bunt eingefärbte Straßenkarte von dort wo ihr euch gerade befindet. Je nach Uhrzeit, Ort und Wetter ist die Karte in farbige Gebiete aufgeteilt (Uhrzeit und Wetter bedeuten, dass sich die Karte auch ändern kann). Eurer Standort wird auf dieser Karte durch einen Augapfel mit einem Pfeil dargestellt. Pickst ihr dem Auge ins Auge (konnte ich mir nicht verkneifen), so verschwindet es in einem Loch in der Karte und ihr erhaltet Ressourcen. Das können neben den Seelen auch Prismen, Murmeln, Anaram und sogar Fightlinge sein. Wobei es in der Regel Seelen sind. Was genau ihr erhalten könnt und mit welcher Wahrscheinlichkeit erfahrt ihr nachdem ihr das Auge angestupst habt. Die Farbe auf der Karte gibt nur an, welche Seelenart auf jeden Fall vertreten ist.

Der Karte fehlt es zwar an Beschriftungen zur Navigation, dafür kann man allerdings Seelen sammeln. Kann auch nicht jedes Navi.

Der Karte fehlt es zwar an Beschriftungen zur Navigation, dafür kann man allerdings Seelen sammeln. Kann auch nicht jedes Navi.

Die Karte wird zudem um sogenannte Points of Interests (POI) erweitert. Dies können Bahnhöfe, Bushaltestellen, öffentliche Gebäude und auch kleinere Dinge wie Briefkästen sein. Anhand des letzten Events scheinen die Entwickler zudem eine Vorliebe für Tischtennisplatten zu haben. Und das ist nun die Stelle, an der ich gerne in einem Artikel Smileys setzten würde. Um beim Thema zu bleiben: POI werden gerne für Events genutzt und bieten nochmals eine Extrachance auf wertvollere Bedeute.

Alles in allem haben sich die Entwickler besonders Mühe gegeben diesen Teil des Spieles fair zu gestalten. Man hat Vorteile dadurch, dass man die App unterwegs benutzt, da man so gezielt an Ressourcen kommen kann, jedoch wird man nicht genötigt und kann von zu Hause auch Ressourcen sammeln. Damit können auch all jene Spielen, die kein mobiles Internet haben. Man muss auch keine Angst haben, dass das Spiel einem sofort das gesamte Datenvolumen vernichtet wie beispielsweise Pokemon Go. Im Selbstversuch gingen in einer Stunde etwa 5 MB drauf und viele Ressourcen konnten in der Zeit bis zum Anschlag gesammelt werden.

Nach dem Looten kommt das Leveln

So, dann bringen wir mal einen weiteren Begriff in einen Kontext. Fighlinge können gesammelt und aufgewertet werden. Neben den Seelen, die wir fleißig bei Regen und bei Sonnenschein sammlen, müssen auch sogenannte Murmeln eingesetzt werden. Wer das eine oder andere F2P-MMO schon mal gespielt hat, der kennt vermutlich auch das „Zweiwährungssystem“, bei dem es eine Währung gibt, die man im Spiel sammeln kann, und eine, die man fast nur im Itemshop kriegt. Murmeln sind die freie Währung, das Anaram (eine Art rosa Kristall) die kostenpflichtige.

Die Seelen sind so etwas wie die Erfahrungspunkte in einem Rollenspiel. Man muss einem Fightling genügend geben, damit er aufgewertet werden kann. Die Murmeln schalten das neue Level dann frei. Die Kosten steigen dabei pro Level. Wobei sich dies noch in einem vertretbaren Rahmen handelt. Alle Kreaturen bekommen einen leichten Bonus auf ihre Attributswerte (manche machen mehr Schaden, Champions haben mehr Gesundheit, usw.) durch den Levelaufstieg. Dieser fällt von der einen Stufe zur anderen eher gering aus.

Seelen (das Dreieck oben links) werden für das Aufwerten von Fighlingen verwendet.

Seelen (das Dreieck oben links) werden für das Aufwerten von Fighlingen verwendet.

Jedoch sieht die Sache schon etwas anders aus, wenn der Levelunterschied größer ist. Da Champions generell unterschiedliche Gesundheitspunkte haben und am Ende eines Matches jene über den Ausgang des Spieles entscheiden, sehe ich hier die größten Probleme für das Balancing. Was die Sache etwas entschärft ist zum einen, dass man erst ein mal genügend Ressourcen gesammelt haben muss, und zum anderen es ein Level Cap für die Fightlinge gibt, welches realistisch erreichbar ist. Das relativiert die Sache zwar bis zu dem Punkt, dass man als regelmäßiger Spieler aus dem natürlichen Verlauf der Dinge diesem Problem nicht gegenüber steht, objektiv betrachtet ist der Kritikpunkt jedoch valide uns könnt vor allem für Anfänger für ungewollten Frust sorgen.

Und was kostet der Spaß?

Fightlings ist ein Free-to-Play Mobilegame. Und da jeder gerne am Ende seine Rechnungen bezahlen können würde, muss man ja auch irgendwie Geld damit verdienen. Von daher schauen wir uns doch einfach mal an, wie das Business-Modell so ausschaut.

Wie bereits erwähnt gibt es zwei Währungen. Die eine sind Murmeln und die andere ist Anaram. Murmeln kann man Ingame erhalten. Dies trifft theoretisch auch auf Anaram zu. Jedoch geschieht dies selten genug, dass man nicht darauf spekulieren sollte. Die kleinste kaufbare Menge an Anaram beträgt 145 Stück für 5,49€. Zusammen mit dem Startkapital, das man als Spieler erhält würde dies ausreichen um auf einen Schlag alle Klans freizuschalten, da man insgesamt 179 Anaram brauchen würde (den ersten Klan bekommt man geschenkt). Auf Grund der Tatsache, dass das Spiel jedoch recht großzügig ist und die Klans eigentlich Ingame bereit recht einfach freizuschalten sind, hätte man effektiv von diesem 145 Anaram doch noch einiges übrig. Für das wichtigste besteht also kein echter Kaufdruck. Man kann Geld in die Hand nehmen, wenn man ungeduldig ist, muss man aber nicht. Das teuerste Paket enthält übrigens 1400 Anaram für 43,99€. Wer das ausgeben möchte hat im Spiel vermutlich endgültig ausgesorgt.

Neben dem Freischalten von Klans kann man sich noch Transferportale kaufen, mit denen Anaram in Murmeln umgetauscht werden. Man kauft das Portal und je nach Größe des Portals erhält man eine Variable Anzahl an Murmeln mit einer garantierten Mindestmenge.

Das gleiche gibt es nochmals mit Prismen, welche verwendet werden können um die erhaltene Beute von Murmelportalen neu auszuwürfeln.

Murmelportal sind Portale, die mit Murmeln bezahlt werden. Diese Portale enthalten zufällige Kreaturen und sind den Bonusportalen ähnlich, von denen man alle vier Stunden eines erhält. Ein solches Bonusportal kann alles enthalten und sind eine recht gute Quelle für Murmeln und andere sonst eher schwer zu erhaltene Ressourcen. Zudem werden bis zu zwei Portale auf Vorrat gehalten, so dass man nicht ständig das Smartphone im Blick behalten muss. Der Itemshop ist von daher recht harmlos gestaltet. Man muss nicht zwingend einkaufen und wird auch nicht penetrant vom Itemshop belästigt. Er ist vor allem für jene, die sich etwas Zeit beim Erarbeiten der Inhalte sparen wollen. Und selbst dann sind die Preise noch moderat, da man schon mit geringen Anaram-Mengen weit kommt.

Fazit

Dann wollen wir mal zusammenfassen. Die Fighlinge habe eine interessante Idee umgesetzt bei der man Memory um taktische Elemente erweitert. Das Grundprinzip funktioniert und erlaubt für schnelle, recht unterhaltsame Partien, die in etwa fünf Minuten dauern. Die zwölf Klans sind für den Anfang nicht schlecht, da sich jeder anders spielt und auch anders gespielt werden muss, wenn man eine Chance haben will um zu gewinnen. Zudem motiviert die zwei-wöchentliche Season mit Rangliste und Belohnungen sein bestes zu geben. Für die Zukunft sollten sich die Entwickler jedoch vorbehalten die Menge an Klans zu erweitern und eventuell auch gemischte Decks erlauben. Dies könnte auch in Form neuer Spielmodi erfolgen. Wichtig ist nur, dass man der Gefahr sich langweilender Spieler vorbeugt.

Im Sinne des Balancing sollten die Entwickler zudem das Leveln der Fighlings im Auge behalten. Es macht einfach keinen Spaß für Einsteiger, wenn sie Opfer von „Noobstomping“ werden. Und dies könnte hier im Extremfall passieren sobald das Spiel einige Monate alt ist.

Das Sammeln der Ressourcen mag auf dem ersten Blick etwas einfach wirken. Wenn man aber genauer darüber nachdenkt muss man sagen, dass es so fair ist. Zudem finden Ereignisse statt, die mit besonderen Belohnungen locken. Wer also auf Wanderschaft geht hat was davon, man wird aber auch nicht bestraft, wenn man es nicht tut. Hier wurde ein guter Kompromiss getroffen.

Und abschließend muss noch gesagt werden, dass der Itemshop in diesem Spiel besonders fair ist. Weder wird man genötigt noch werden einem unüberwindbare Barrikaden in den Weg gestellt. Zudem sind die Preise eher günstig (ein Menü bei Mc Donalds kostet mehr). Auch wenn ich persönlich kein Fan von Echtgeld-Währungen, kann ich in diesem Fall keine kritischen Einwände erheben.

Von daher kann ich mit gutem Gewissen allen viel Spaß wünschen. Mit Fightlings bietet sich eine gute Gelegenheit um an der Bushaltestelle, in der Bahn oder auf der Keramik den inneren Kripp in einem zu erwecken.

Hier geht es zum App-Store

Hier entlang für den Androiden

8.5

Gameplay

8.9/10

Itemshop

8.6/10

Design

8.4/10

Spielumfang

7.9/10

Pro

  • fairer Itemshop
  • spaßiges Spielprinzip
  • Spiel ist großzügig mit Ressourcen

Contra

  • geringer Umfang an Kreaturen
  • keine Freiheiten bei der Deckgestalung
  • potentielle Balancingprobleme