Games Testbericht

Review: Blood Bowl 2

Geschrieben von Oliver Baumann

Cyanide Studios haben schon einmal bewiesen, dass eine American Football Parodie im Warhammer Fantasy Universum auch auf dem PC funktioniert. Konnten die ehemaligen Ubisoft Mitarbeiter in Paris noch eine Schippe drauflegen oder bleibt das Spiel hinter den Erwartungen zurück? Finden wir’s heraus!

Warhammer und Football? Um was geht es überhaupt?

Wie bereits erwähnt handelt es sich bei Blood Bowl um Fantasy Football. Oder sollte man eher sagen Football mit Fantasy-Setting? Das Tabletop Spiel (das sogar recht populär ist) erschien 1987 und gibt den Spielern eine Idee davon was für einen Sport man im Warhammer Universum wohl spielen würde. Football ist ja schon ein gar nicht mal so zimperlicher Kontaktsport. Dass das ganze durch Skaven (Rattenmenschen), Minotauren und Orcs, die sich ansonsten nur auf Schlachtfeldern begegnen, noch mal richtig auf die Spitze getrieben wird, dürfte dabei niemanden überraschen.

Was die Lore angeht, so begann bei Blood Bowl alles mit einer Schlacht zwischen Orcs und Zwergen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die verfeindeten Fraktionen in einem alten „Tempel des Nuffles“ (Nuffle = NFL). Und was macht man in einem solchen Fall? Natürlich muss die Schlacht pausiert werden, damit man das neu entdeckte Spiel spielen kann. Die Story um die Anfänge von Blood Bowl können in dem Vorgänger aus 2009 in der Singleplayerkampagne nachgespielt werden. Wer neugierig ist, sollte sich für das eigene Wohl unbedingt Blood Bowl: Chaos Edition holen.

Unsere Karriere als Coach

Starten wir Blood Bowl 2 zum ersten Mal, dürfen wir als erstes einen Account anlegen. Dieser hängt mit den Multiplayer des Spieles zusammen. Wir geben uns über diesen Account uns selbst eine Identität als Trainer. Damit können wir die ganzen Onlinefeatures, die nicht nur aus Onlinematches bestehen, nutzen. Als Coach können wir zwei Teams erstellen, was etwas mager ist. Da das Team und seine Spieler gelevelt werden, liegt der Gedanke nahe, dass man sich einmal einen festen Kader macht, und daneben noch verschiedene Teams zum Ausprobieren oder für spezielle Events hat. Mehr als 2 wären allerdings schon toll gewesen.

Als Coach haben wir die Wahl zwischen 8 Rassen, von denen wir unser Team erstellen lassen können, wobei zwischen den Völkern nicht gemischt werden kann. Zur Auswahl stehen:

  • Menschen
  • Orcs
  • Zwerge
  • Skaven
  • Hochelfen
  • Dunkelefen
  • Bretonen
  • Chaos

Für Vorbesteller gibt es je nachdem wahlweise noch Echsenmenschen, Waldelfen oder beides. Während der Entstehung dieses Reviews sind beide Rassen noch nicht als DLC erhältlich. Jedoch waren sie bereits als solche geplant. Als Dankeschön für die Early Access Kunden gab es von Cyanide dann die Rassen als Boni.

Hätte ich jetzt nicht schon den Vorgänger gespielt, dann wäre ich wohl mit der Auswahl an Rassen zufrieden. Blood Bowl: Chaos Edition hatte allerdings bis zu 23 Rassen. Wenn für Blood Bowl 2 der gleiche Umfang an Völkern geplant ist, dann erwartet uns entweder eine DLC-Orgie, welche das Spiel vielleicht sogar länger am Leben halten könnte, oder was noch schlimmer wäre und vom Publisher Focus Home Interactive schon mit mehreren Spielen passiert ist: Das Spiel wird zwei bis drei mal neu veröffentlicht mit einem zunehmenden Kontingent an Völkern. Persönlich würde ich auf ersteres hoffen.

Als Coach können wir uns aber nicht nur um unsere Spieler kümmern. Es gibt dieses Mal auch eigene Stadien, die gelevelt werden wollen. Wobei mit dem Aufstieg des Stadions Boni freigeschaltet werden. Außerdem kommt noch der Transfermarkt hinzu, auf dem wir eigene Spieler verkaufen und neue von anderen erwerben können. Und als I-Tüpfelchen dürfen wir sogar noch Sponsoren-Verträge unterzeichnen. Der Management-Aspekt ist in Blood Bowl 2 stärker als im Vorgänger und trägt deutlich zum Feeling bei.

Die Welt ist ein Sportstudio

Womit Blood Bowl 2 glänzen kann ist dessen Inszenierung. Die beiden Kommentatoren Jim und Bob (ein Vampir und ein Oger) sind für die Sporterstattung zuständig. Ich mochte die beiden schon im ersten Teil und dieses Mal finde ich sie sogar noch besser. Sie begrüßen einem schon, wenn man das Spiel startet. Die beiden sind ein Stück weit das Herz und die Seele des Spieles. In ihren Kommentaren findet sich der durchaus makabre Humor, der durch die Tatsache, dass das Spiel in der Welt von Warhammer Fantasy stattfindet plausibel wirkt, wieder.

Neben Trivia zu Blood Bowl und dessen Geschichte kommentieren sie auch das Spielgeschehen. Ganz wichtig hierbei ist, dass etwas, was das Spielgeschehen kommentiert, den Spielern damit nicht auf den Keks gehen sollte. Hier hat Cyanide gute Arbeit geleistet. Die Kommentare passen zum Spielgeschehen und überstrapazieren nicht die Geduld der Spieler. Und wer die beiden wirklich nicht ab kann kann sie immer noch abstellen.

Cabalvision, Heimat von Jim Johnson und Bob Bifford, empfangen sie über Kabel, Satellit und Kristallkugeln.

Cabalvision, Heimat von Jim Johnson und Bob Bifford, empfangen sie über Kabel, Satellit und Kristallkugeln.

Sowohl die Matches an sich als auch das Konzept eines Multiplayermodus sind vom Setting her passend eingebunden. All die Ligen und Matches werden über das sogennante Cabalvision-Netzwerk ausgestrahlt. Über das können wir Liegen erstellen und beitreten, Matches austragen und sogar Spiele anderer anschauen. Diese Spiele werden bei Cyanide gehostet und können wahlweise als VOD oder Live angeschaut werden und sind damit keine Twitch-Integration. Das klappt ganz gut und hat auch das Feature, wie man es von Smart TV kennt, dass man über eine Zeitleiste in einem Match rumspringen kann. Insgesamt fühlt sich die Sache mit Kabalvision toll an. Dass die Server stabil sind, schadet der Sache auch nicht. Unterm Strich ist die Inszenierung toll. Es wirkt alles wie aus einem Guss, so dass man wirklich das Gefühl bekommt, als würde man irgendwo in Middenheim oder Estalia sich gerade eine Partie Blood Bowl anschauen. Die Kristallkugel macht’s möglich!

Mighty Ducks mit Stollen und Blutdurst!

Jim und Bob führen einen auch durch die Singleplayer Kampagne. In dieser werden wir von den Reikland Reavers als neuer Trainer angeheuert. Ähnlich wie in dem Disney Klassiker „Mighty Ducks“ dürfen wir ein Team aus „nicht ganz so tollen“ Spielern, das kurz vor dem Aus steht, an die Spitze der Liga führen. Die Kampagne ist vor allem für neue Spieler interessant, da sie den Spieler in die Regeln und Spielweisen nicht nur auf dem Feld sondern auch um das Team und dessen Management herum einführt.

Die Story wird zudem noch etwas interessanter gestaltet durch Intrigen und Korruption, die auch gerne mal als Ausrede verwendet werden, um zum Beispiel zu zeigen, dass der Unparteiische seinem Titel nicht gerecht wird. Das demonstriert er auch gerne mal dadurch, dass der Goblin im längs gestreiften Trikot mit seinen Stollen voraus einem zufällig ausgewählten Spieler in den Nacken springt. So etwas kann übrigens auch im Multiplayer vorkommen. Obwohl der Hauptaspekt des Spieles der Multiplayer ist, ist die Kampagne an für sich recht gut. Da das Spiel allerdings sehr viel vom Würfel (Un-)Glück abhängt kommt es vor, dass man ein Match genau deswegen verliert.

Es gilt also die Zähne zusammen zu beißen und zu hoffen, dass man dennoch den Sieg einheimsen kann. Ansonsten lässt sich eigentlich nur noch zur Kampagne sagen, dass man langsam in das Spiel eingeführt wird. So sind in den ersten paar Matches die Rundenzeiten endlos lang und Mechanismen wie die Startaufstellung und der „Turn Over“, bei dem die eigene Runde frühzeitig abgebrochen wird, werden dem Spieler nicht sofort an den Kopf geworfen.

 

Jim und Bob unterrichten uns nicht nur über den Kampagnenverlauf sondern geben auch noch ihren Senf dazu.

Jim und Bob unterrichten uns nicht nur über den Kampagnenverlauf sondern geben auch noch ihren Senf dazu.

Zusammengefasst könnte man sagen. dass während der Blood Bowl Profi sich höchstens wegen der Handlung die Kampagne anschauen würde, sie für den Anfänger unbedingtes Pflichtprogramm ist. Sie ist eine zu gute Einführung in das Spiel, als dass man darauf verzichten sollte.

11 Krieger musst ihr sein!

10 Rassen, 10 verschiedene Arten von Mannschaften und damit auch 10 verschiedene Spielweisen. Von den tänzelnden Elfen, die durch Passspiel und Beweglichkeit Punkten (darf man hier wörtlich nehmen), über Zwerge, die als Bollwerk auf Ausdauer spielen, bis hin zu Chaos, bei denen man am ehesten einen Sieg einfährt indem man einfach alle gegnerischen Spieler zu Brei schlägt, ist alles mögliche dabei.

Im Allgemeinen gilt, dass man versuchen sollte mehr Punkte als der Gegner zu fahren. Freistöße gibt es dabei nicht, so dass nur der Touchdown, also die Beförderung des Balles in der Hand eines Spielers in die gegnerische Endzone, einem Punkte einbringt. Das Spiel läuft dabei so ab, dass in Runden gespielt wird. Jeder Spieler erhält pro Runde einen Zug in dem er seine Aktionen ausführen darf, sei es ein Tackle, ein Pass, Stellungsspiel oder einfach nur dass der Kamerad vom Boden aufgehoben. Jede Figur hat dabei eine Rolle, einen Bewegeungsradius und je nachdem auch besondere Fähigkeiten.

Insgesamt ist Blood Bowl ein sehr tatkisches Spiel. Es verlang jedoch auch Nerven aus Stahl, da fast alle Aktionen ausgewürfelt werden. Und das kann auch mal nach hinten losgehen. Vor allem bei einem Tackle spielen die Würfel eine sehr wichtige Rolle. Je nachdem wie die anderen Spielfiguren aufgestellt sind (Gegner als auch eigene), sind die Würfelbedingungen unterschiedlich. Dazu gehören etwa die Anzahl der Würfel, die geworfen werden und ob man selber oder der Gegner das Würfelergebnis entscheiden darf. Auch Fähigkeiten wie etwa „Blocken“ haben hier eine wichtige Rolle. Ganz nach geworfenem Ergebnis, kann man den Gegner wegstoßen, K.O. schlagen, töten oder man wird selbst zu Boden gerissen. Passiert letzteres oder stolpert ein Spieler, dann wird die Runde durch einen sogenannten „Turn Over“ sofort beendet. Es kommt also nicht nur darauf an welche Spielzüge man macht sondern auch in welcher Reihenfolge.

In Blood Bowl wird zwischen einem Tackle und Totschlag nicht wirklich unterschieden.

In Blood Bowl wird zwischen einem Tackle und Totschlag nicht wirklich unterschieden.

Nach 8 Zügen ist Halbzeit und nach 16 das Match zu ende. Während des Spiels gibt es neben Jim und Bob auch noch andere interessante Sache zu erleben. So werden zu Beginn die Teams vorgestellt. Bei einem Touchdown tanzen die Cheerleader. Wobei es schade ist, dass für alle Teams die gleichen Menschendamen tanzen. Die Tackles sind auch toll animiert und wirken richtig schön wuchtig. Während jemand wie ich bei Mortal Kombat X immernoch gerne die Fatalities anschaut, kann ich mir gut vorstellen, dass durch die hohe Anzahl der Tackles während eines Matches, viele Spieler die Animationen dann doch noch abstellen werden. Wenn man einen Spieler aus dem Feld befördert gibt es auch eine nette Animation die zeigt, wie jener Spieler von den Fans verprügelt wird.

In vielen Fällen ist es toll dass es sie gibt, es fehlt aber leider etwas die Abwechslung. Oftmals hat man das Gefühl, dass es an einigen Ecken und Kanten fehlt. Bei den Cheerleadern und Stadien etwa ist es schade, dass man nicht für alle Völker was individuelles hat. Wenn man daran denkt, dass man beim Vorgänger dies gemacht hat, dann tut es ein Stück weit weh. Und das bei 23 Völkern gegenüber den 10 Völkern (bisher) in Blood Bowl 2. Im ersten Teil war zwar das UI auf dem Spiel nicht so gut, dafür allerdings im Managementbereich besser. Statistiken waren auch umfangreicher. Dass es keine Raster auf dem Spielfeld mehr gibt um die Spielfelder hervorzuheben empfinde ich persönlich nicht als relevant, dass man im zweiten Teil keinen brauchbaren Dicelog (ein Protokoll über die Würfelergebnisse) mehr hat, die Spielernamen nicht mehr eingeblendet werden und die Übersicht über die Fähigkeiten der einzelnen Spieler nur umständlich einsehbar ist stört hingegen schon.

Insgesamt fühlen sich die Matches im zweiten Teil gut an. Sie machen Spaß und wer keine Angst hat vor der Rache Nuffles oder dem Würfel, kann sich einem echt tollen Fantasysportspiel widmen. Wenn man den Vorgänger kennt, hat man allerdings das Gefühl, dass man in einigen Punkten einen Schritt nach Vorne gegangen ist und in einigen Punkten einen zurück.

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Wem würde ich Blood Bowl 2 empfehlen?

Bock auf ein rundenbasiertes Strategiespiel im Warhammer Fantasy Universum, bei dem man Football spielt? Ich wünsche viel Spaß damit!

Spaß bei Seite: Wer jetzt bei Blood Bowl unbedingt einsteigen will, dem würde ich den zweiten Teil ganz klar an die Hand legen. Der erste Teil ist nicht so einsteigerfreundlich. Dadurch, dass das Spiel noch recht neu ist, sind sehr viele Spieler vom ersten Teil auf den zweiten Umgestiegen. Darunter auch einige größere Persönlichkeiten auf Twitch und Youtube, die sich mit dem Spiel beschäftigen und auch Zuschauer/Spieler an das Spiel heranführen. Allgemein sollte man sich zwei Mal den Kauf überlegen, wenn man nicht vor hat Blood Bowl im Multiplayer zu spielen, da man dann einfach zu kurz kommt. Blood Bowl 2 bringt einiges neues mit und verbessert viel, allerdings hat der Vorgänger einfach MEHR an Inhalten zu bieten. Hier muss man mal schauen, wie die DLC Politik von Focus Home und Cynide Studios aussehen wird.

Ein Match dauert zwar in der Regel 45-60 Minuten. Diese sind trotz der Dauer allerdings unterhaltsam und vor allem im Multiplayer wirklich spannend. Für Blood Bowl allgemein muss man aber ein sehr dickes Fell mitbringen da der Erfolg vieler Aktionen vom Würfelglück und Wahrscheinlichkeitswerten abhängt.

Wer sich damit arrangieren kann, der wird mit Blood Bowl 2 sehr viel Freude haben. Ansonsten würde ich normalerweise einen Blick beim Youtuber oder Streamer des Vertrauens empfehlen, allerdings kann es sein, dass man doch ein bisschen ‘nen falschen Eindruck kriegen könnte. Zuzuschauen ist ein tolles, allerdings ganz anderes Erlebnis. So in etwa wie wenn man sich Bundesligaspiele anschaut oder selber auf dem örtlichen Bolzplatz steht. Selbst hatte ich auch schon einige Emotionen hinter mir: Freudentränen, Sprachlosigkeit und Wutanfälle – In Blood Bowl 2 ist alles drin.

silber