Vor wenigen Tagen kam endlich der Disstrack gegen PA Sports von Julien Boss heraus und was soll ich sagen? Ich bin froh, dass der Track endlich da ist. Weshalb und was das mit dem JBB zu tun hat, erkläre ich nachfolgend.
Am 15. Juli 2017 ertönte endlich der Startschuss für das Juliens Blog Battle 2018. Nach den letzten Battlerapturnieren und der Juliens Music Cypher hat sich eine immer größer werdende Zuschauerschaft gebildet, die Jahr für Jahr auf die Qualifikationen der Musikwettkämpfe wartet und gespannt das Turnier verfolgt. Doch was dann an besagtem Datum auf uns los gelassen wurde, war unfassbar – und zwar unfassbar schlecht.
Zuvor hatte Julien in mehr oder weniger eigener Sache Streit mit einem Rapper begonnen. PA Sports wurde dann aufwändig von Sun Diego aka Spongebozz in einem Disstrack behandelt und auch der liebe Julien wollte seine Ehre durch einen Disstrack gegen PA Sports verteidigen – und vernachlässigte sein bestes Steckenpferd, seine Battleturniere. Aber wieso tut er das?
Nun muss dazu gesagt werden, dass Julien nicht nur für einen Rapper, den er im Disstrack zerstören will, sein JBB hinten anstellt. Hinter dem erschienenen Disstrack “Grabrede” verbirgt sich – liest man den kompletten Titel des Videos – ein Hinweis darauf, dass Julien ein zweites Album als Julien Boss mit Analyse 2 produziert hat. Der Track gegen PA ist lediglich der Opener oder das Intro. Dieser Aufwand rechtfertigte das Schleifen lassen seiner im Internet bekannten und beliebten Juliens Blog Battles. Wie ich darauf komme?
Das JBB hat immer durch seine hervorragende Qualität und talentierten Wettbewerber geglänzt. Meist wurde parallel eine Art Trash-Turnier nebenan veranstaltet, in der unbegabte oder schlechte Rapper gegeneinander antraten und mehr zur Belustigung dienten als ernsthaft für gute Leistungen honoriert zu werden. Doch nun hat Julien beide Fronten vermischt – und damit den Ruf des JBB völlig vernichtet. Welche beiden Diss-Aktionen haben mehr gefruchtet? Der Track gegen PA Sports oder Juliens Abwesenheit gegenüber dem JBB? Sieger ganz klar das JBB. Während PA Sports mit kleinen Kratzern davon kommt, weil der Track nicht besonders gut war (Dazu später mehr), erleidet das JBB einen direkten K.O.-Treffer durch die Qualität der eingereichten Videos, die Uploadzeiten, – damit verbunden die Unregelmäßigkeit der einzelnen Tracks – die “Talente” der “Qualifizierten” und die fehlende Präsenz von Julien, die durch andere Kanäle ausgetauscht aber längst nicht ersetzt worden sind.
Das JBB hat damals für hochwertigen Rap gestanden. Größen wie Spongebozz, Greeen, Neo, Entetainment und Gary Washington sind aus ihr hervorgegangen und das Niveau schien Jahr für Jahr zuzunehmen. Doch mit dem JBB 2018 erlebt die Turnierreihe seinen Tiefpunkt. Die Videos sind größtenteils von extrem schlechter Qualität. Viele “Rapper”, die damals in der selbsternannten Hall of Shame gelandet wären und damals auch sind, dürfen sich nun offiziell Qualifizierte für das JBB nennen und werden in direkten Duellen mit den bekannten Größen der letzten JBBs und JMCs gestellt, die dieses Jahr wieder angetreten sind. Ernsthaft? Wo bleibt dort die Spannung? Wo kann dies als Wettkampf betrachtet werden? Ich sehe nur Schweine, die zu einer Schlachtbank geführt werden, denn wo sich ernst zu nehmende Teilnehmer mit positiven Bewertungen gute Chancen auf das Turnier ausrechnen dürfen, glänzen andere mit extrem negativer Bewertung und schlechter Performance. Ein ziemlich einseitiger Wettkampf.
Humorvoll charakterisierte Kunstfiguren, die mit allem außer der Stimme punkten, minderjährige Kinder, die vor die Kamera gezerrt werden, um in der Rap Szene mal als etwas besonderes dazustehen und unzählige Dritt-Klasse-Rapper, die schlicht und einfach nicht abliefern können. Daraus besteht momentan das JBB 2018. Masken, um die Privatsphäre zu schützen waren damals und sind noch heute gefragt und auch beliebt aber überzogene Selbstdarstellungen, peinlich inszenierte Videos und schlechte Stimmen retten auch die besten Beats nicht mehr.
Dazu kommt die fast vollkommene Abwesenheit von Julien auf YouTube und Facebook. Selten bis gar nicht werden die neuen Videos in Facebook geteilt und es erscheinen mehrere Posts über das ständige Vertrösten des Disstracks gegen PA von Julien. Hier merkt jeder, dass der Zeitpunkt einfach ungünstig gewählt worden ist und sich Turnier mit Disstrack bzw. Album überschnitten hat. Auf YouTube wird sporadisch immer wieder mal eine Quali hochgeladen und neuerdings gesellen sich fremde Analysen und erste Eindrücke von haiblubbblubb und Jäääy hinzu, die einfach nicht in das Bild des JBB passen. Erste Eindrücke hat es nie gegeben und eignen sich auch überhaupt nicht für Musikvideos, da der Zuschauer immer wieder aus dem “Flow” gerissen wird, weil der Track für die Einschätzung pausiert. Zudem ist es kein erster Eindruck, wie häufig aus dem Inhalt der Videos zu entnehmen ist. Dazu kommen die Analysen, die im Vorfeld bei der Community von Julien keine Pluspunkte sammeln können, aus dem einfachen Grund, weil sie einfach nicht Julien sind. Die Analysen sind auch nicht so strukturiert wie bei Julien und ergeben für die Gesamtheit der Teilnehmer kein stimmiges System – was aber bei der Vielschichtigkeit der Qualifikationen sowieso nie zu schaffen wäre.
Aber wenn etwas so gutes wie das JBB für einen Disstrack hinten anstehen muss, dann sollte der Track doch wohl Bombe sein, oder? Leider nicht. Julien hat meiner Meinung nach einfach nicht die Stimme für harten Battlerap. Dazu kommt das sehr einseitig gestaltete Video und der fade Inhalt der Texte. Wo große Talente in langen Tracks ausgiebig und Facettenreich ihre Gegner vernichtet haben, greift Julien kaum mit Gegnerbezug an. Die Hook ist unkreativ geschrieben und wiederholt sich zu oft für einen Disstrack, der möglichst viel Text beinhalten sollte um den Gegner so lange und oft zu bearbeiten, wie möglich. Versteht mich nicht falsch – Geschmäcker sind auch bekanntlich verschieden – aber mir gefällt Julien Boss nicht. Da fand ich seine Tracks 11. September, Schminkboss und den Diss gegen Haftbefehl, in denen er überall mehr mit seiner “normalen” Stimme rappen konnte um Längen besser und es hat mich mehr unterhalten.
Nun pumpt sich Julien Boss auf, dehnt die Stimme und zeigt somit sehr viele Schwächen. Dazu greift er PA in seinem Track kaum an und kann einfach nicht überzeugen. Da war der Track von Spongebozz und PA selber, der es sich auch nicht hat nehmen lassen, die beiden in einem Track zu attackieren um einiges besser. Ich hoffe, dass dieser Disstrack nur ein kleiner Fisch im Teich Analyse 2 ist und wir noch ein paar richtig gute Lieder von Julien zu hören kriegen. Denn sonst fürchte ich, ist der Preis, der für das JBB 2018 gezahlt wird, einfach zu groß.
Aber warum finde ich es dann gut, dass der Track von Julien gegen PA endlich raus ist? Na weil er sich dann jetzt wieder auf das JBB konzentrieren kann. Denn das war – wie ich finde – immer seine größte Stärke.