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Webvideopreis 2015 – Hinter der Veranstaltung

Geschrieben von David Scheuß

Es folgt kein wirklicher Tatsachenbericht, sondern eher ein persönlicher Erfahrungsbericht über viele Dinge, die den Webvideopreis 2015 aber auch Diskussionen darüber enthalten.

Wie war das eigentlich mit dem WVP2015? Gab es nicht unglaublich viele Kritische Stimmen über die Veranstaltung? Über den Sinn und Zweck der Preisverleihung im Bezug auf die immer stärker wachsende Professionalität auf Youtube? Sollte Youtube nicht für Hobbyfilmer, Nachwuchsproduzenten und Amateurregisseure bestimmt sein?
Ein Thema, was mehr als alles andere in der Youtube- aber auch in der Lets Playszene diskutiert wird. Immer mehr rückt das Geld in den Vordergrund. Es geht nicht mehr um die Aussage oder den Intellekt sondern um Klicks, Reichweite und Geld. Wo damals bemerkenswerte Inhalte präsentiert wurden, strahlen nun große Worte, offene Dekoltees und Sex in den Thumbnails und Videos. Je öfter das Wort “Penis” gesagt wird, umso besser. Dabei geht es aber nicht nur um die pröden Eyecatcher und zweideutigen Handlungsstränge, sondern auch um teures Equipment, große Studios und hochwertigen Content.

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Letzteres ist an sich nichts schlechtes aber können die Kellerfilmchen mit solchen Mammutvideos auf Hollywood-Niveau überhaupt mithalten? Wo sich gerne die Medien in Form von Fernsehsendern, Netzwerken und Promis einschalten, muss damit gerechnet werden, dass Youtube an Wert gewinnt. Wert, der sich in den Büchern bemerktbar macht.
Youtube handelt als Gewinnorientiertes Unternehmen und zielt damit natürlich darauf ab, den größtmöglichen Profit zu erwirtschaften. Förderungen für Großprojekte fließen und die großen Lichter am Youtube-Himmel bekommen Unterstützung.

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Dabei war das schon immer so, weil ich schon wieder Stimmen laut werden höre, dass es sowas damals zu den Anfängen von Youtube nicht gegeben haben soll. Gab es nicht Partnerprogramme auf Youtube, wo nur größere Kanäle dran kamen? Wer durfte damals mit über 15 Minuten veröffentlichen? Wer bekam eigene Seitenlayouts? Richtig. Kanäle, die größer, besser und erfolgreicher waren. Hat man sich damals darüber als kleiner Kanal aufgeregt, keine Vorzugsbehandlung zu bekommen? Eher weniger, oder?

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Die Vorteile für große Kanäle gehen inzwischen nicht nur von Youtube selbst aus, sondern heutzutage mehr über Netzwerke und Sponsoren, die mehr Reichweite, Klicks und Öffentlichkeit generieren. Man durfte sich also darauf gefasst machen beim Webvideopreis 2015 Unmengen an Sex, Brüsten und Erotik zu sehen gefolgt von gesponserten Mächten, die den Künstlern ihre Inhalte aufdrängen wollen. Doch nichts davon kam vor. Was sollte denn bitte erfolgreicher sein, als halbpubertäre Aussagen über den Geschlechtsverkehr?

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Es waren bewegende, packende und schöne Aufnahmen und Videos von Personen, die sich Mühe gegeben haben. Die Menschen zum Lachen und Nachdenken anregen. Die eine Message versenden wollten. Aufwändig inszeniert und beeindruckend auf die Leinwand gebracht. Musik, Schnitt, Animation und vieles mehr waren hier eher gefragt als Brüste, Ausschnitte und Nackheit.

Kann man also auf diese Preisverleihung stolz sein, wo immer mehr Stimmen laut werden, dass man Youtube immer mehr professionalisiert? Ja, kann man. Große Communitys entstehen für solche Videos, Menschen, die einander helfen, auf wichtige Dinge im Leben aufmerksam machen, einen vor die Tür locken um selber Großes zu vollbringen. Sogar Gronkh, der die Professionalisierung von Youtube eher kritisch beäugt, ist Mitglied in der Academy vom Webvideopreis, also in der Jury. Mir zeigt es, dass der Webvideopreis weniger mit der Professionalisierung zu tun hat, sondern um außergewöhnliche Videos. Ich habe jedenfalls noch nie ein 360p Video mit einem verwackelten Bild nominiert gesehen, wo sich zwei Mädchen verprügeln und das ist auch gut so. Mich hat der Webvideopreis vor allem eines: Motiviert. Es lies einen die Schattenseiten für ein paar Momente vergessen und stimmte einen hoffnungsvoll, dass die Menschheit nicht von zweideutigen Dingen manipuliert wird. Klar gibt es immer noch mehr als genug schwarze Schafe aber mit den Möglichkeiten eben durch Netzwerke, Partner und Medien mit größeren Wirkungskreisen sind genau solche Projekte überhaupt möglich geworden. Das Internet und speziell Videos mit großen Anhängerschaften können so viel erreichen.

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Alleine die Spendenaktion von Gronkh für Nepal beweist wieder einmal, dass man a) keinen hochwertigen Studiocontent produzieren muss um was zu verändern und b) dass man mit einer großen Community viel Gutes bewirken kann. Abonnenten und Zuschauer werden durch den Inhalt großer Kanäle zu Projekten inspiriert, die anderen Menschen helfen und genau darauf kommt es an. Auf nichts anderes. Nicht um Geld, nicht um Likes, nicht um Celebrity. Einfach seine Reichweite nutzen um auf Missestände in unserer Gesellschaft hinzuweisen und alleine dafür hat sich für mich der Umstand bewährt gemacht, dass Youtube immer professioneller wird.

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Natürlich sollte man es nicht zu weit treiben und immer schön auf dem Teppich bleiben und seine Zuschauer und die Wirkung der Abonnenten über die Möglichkeiten eines Netzwerkes oder mehr Reichweite stellen. Daher fand ich es gut, dass beim diesjährigen Webvideopreis unsere Youtube-Künstler das Rennen gemacht haben. Keine Promis wie Kollegah, die durch ihre Reichweite jedes Bewertungssystem zunichte gemacht haben. Vielleicht kommt die ganze Szene dann wieder etwas runter und Netzwerke und Fernsehen begreifen, dass sie an der falschen Ecke angefangen haben. Daher kann ich ohne schlechten Gewissens behaupten, dass ich stolz bin auf den Webvideopreis. Stolz auf die Kanäle und Künstler, die gewonnen haben und stolz, Teil dieser Szene zu sein.

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Es waren so viele bekannte Youtber zu sehen, die aufeinander zuliefen wie Bruder und Schwester, die sich lange nicht mehr gesehen haben. Überall wurde gelacht. Alle waren freundlich, nett und niemals um einen Kommentar, eine Unterschrift oder Foto verlegen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie gut sich die großen Youtuber untereinander kennen, ohne auf Youtube einen Draht zueinander zu haben. Es kommt einem vor, als würde man der Wiedervereinigung einer großen Familie zusehen, wo sich Papa, Mama, Onkel, Tante, Cousinen und Cousins mit ihren Brüdern, Schwestern, Söhnen und Töchtern nach langer Zeit wieder in großer Runde treffen. Mich hat diese Erkenntnis so erstaunt, weil es einfach so stark zu spüren war. Niemand wurde ausgegrenzt. Alle waren Teil eines ganz Großen, was nur vollständig funktionieren konnte.

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Der Webvideopreis 2015. Es steckt mehr dahinter als nur drei Buchstaben und eine Jahreszahl. Es stecken Emotionen, Werke, Freundschaften und Liebe in dieser Veranstaltung. Ich würde sagen, es wurde alle richtig gemacht.